Erfahrungsbericht: Einzelhaltung

Autorin: Cilli S.

Meine ersten 2 Kaninchen, 2 Weibchen, lebten alleine je in einer Stallbox. Anfangs waren sie noch zusammen, aber schnell artete das anfangs harmonische Miteinander in blutigen Kämpfen aus. Damals wusste ich noch nichts über die richtige Kaninchenhaltung. Ich war erst 6 Jahre alt. Als das eine im Alter von 6 Jahren starb, dauerte es nur wenige Wochen bis das andere auch, ohne ersichtlichen Grund, starb. Auch wenn sie nie wirklich zusammen waren, haben sie sich doch wahrgenommen und ich glaube, dass das 2. aus Einsamkeit mit starb.

Wieder durfte ich Kaninchen haben und ich stand vor der Frage eins, oder wieder zwei Kaninchen? Aus Egoismus entschied ich mich für eines, weil ich mir so eine engere Bindung erhoffte.

Toffi bekam viel Auslauf im ganzen Garten, war total verschmust, rannte mir immer nach und ließ sich stundenlang kraulen. Sie sprang sogar von sich aus auf meinem Arm und blieb beim Kraulen genüsslich auf meinem Bauch liegen ohne, dass man sie festhielt. Ich hatte das Traumkaninchen schlechthin, genauso wie ich es mir erhofft hatte. Es hatte den Anschein, dass es ihr an nichts fehlte, wie sie da durch den Garten tobte und sie schien glücklich mit sich und der Welt.

Doch dann, nachdem ich Toffi 2 Jahre lang hatte, las ich, wie wichtig ein Artgenosse war. Es war für mich sofort klar, dass ich meine Haltung von Grund auf ändern musste, schließlich liebte ich Toffi und es ist die Verantwortung des Halters dafür Sorge zu tragen, dass es seinen Tieren gut geht und es ihnen an nichts fehlt. Nicht umsonst heißt es im Tierschutzgesetz, dass es verboten ist, Tiere ohne Grund vermeidbare Qualen und Leiden ertragen zu lassen und sie jeder Zeit ihre Bedürfnisse und angeborenen Verhaltensweisen nachgehen können müssen. Also nicht nur buddeln und Haken schlagen, sondern auch das soziale Bedürfnis nach kuscheln, putzen und geputzt werden mit und von einem Artgenossen ausleben können. Also sollte Toffi Babys bekommen, da wir so eine Vergesellschaftung umgehen würden und sie vielleicht ihren tollen Charakter weitervererben würde. Wir fuhren mit ihr zum Züchter, von dem wir sie gekauft hatten und ließen sie decken. Glücklicherweise ohne Erfolg, stattdessen bekam sie die Geschlechtskrankheit Papillomatose, die zunächst eine Weile unentdeckt blieb. Währenddessen erntete ich in Foren reichlich Kritik für mein Handeln und ich gelangte zur Einsicht. Ich brauchte fast ein halbes Jahr um meine Eltern zu überzeugen.

Schließlich hatte ich es geschafft, wir hatten einen Rammler reserviert und ich las fleißig Texte über Vergesellschaftung. Dann schenkte mir meine Freundin ganz unerwartet ein bissiges, sehr aggressives Kaninchen, das zufällig in ihre Hände gelangt war. Jeder in ihrer Familie hatte Angst vor ihm, also wollten sie es loswerden. Es war 5 Jahre alt. In diesen 5 Jahren hatte es bereits 5 Vorbesitzer (auch das Tierheim) lebte ausschließlich in einem kleinen im Handel erhältlichem Käfig und ebenfalls sein Leben lang allein. Leider war es auch ein Weibchen, ich nannte es Lana. Ich hatte in der Zwischenzeit genug gelesen und wusste, warum Lana sich so verhielt. Eingeengt und einsam war sie, man musste sich einen dicken Lederhandschuh anziehen, um ihr Futter geben zu können, da sie jeden Eindringling in ihr Revier sofort angriff. Während Joshi, der reservierte Rammler, seine 6 Wochen Kastrationsfrist absaß, beschäftigte ich mich sehr viel mit Lana. Sie vertrug die Futterumstellung von Trockenfutter zu Frischfutter nur sehr schlecht und nahm stark ab. Sie fasste langsam wieder Vertrauen zu Menschen, leckte mir den Päppelbrei von den Fingern und sprang mit tollen, perfekten halbrunden Sprüngen so elegant durch den Garten, wie ich es seitdem nie mehr bei einem Kaninchen gesehen habe. Sie entwickelte sich zur Buddelmeisterin und baute die unvorstellbarsten Tunnelsysteme. Es kam der Tag, da sprang sie mir einfach so in einem Satz auf die Schulter und schmiegte sich an meinen Hals. Von diesem Zeitpunkt an, musste man ihr nur die Schulter zu drehen, wenn sie im Stall saß und sie kletterte sofort drauf. Lana hat einem ganz deutlich gezeigt, wie schnell aus einem bissigen, aggressiven Kaninchen durch bessere Haltungsbedingungen ein liebes, verschmustes Kaninchen werden kann.

Dann kam die Vergesellschaftung in der neutralen Garage mit vielen Verstecken, endlich endlich sollten alle zusammen glücklich werden. Nach 3 Tagen waren die Kämpfe vorbei und die Rangordnung stand fest. Sie lebten alle so auf! Die scheinbar schon sooo glückliche Toffi war das allerglücklichste Kaninchen der Welt! Und die aggressive Lana, war nur noch am kuscheln und putzen und machte da auch bei mir keine Ausnahme. Ich hatte meine glückliche Kaninchengruppe und ich hatte immer noch eine ebenso enge Bindung zu ihnen wie zu Beginn, als sie noch alleine waren. Mir wurden meine egoistischen Gedanken, nur ein Kaninchen zu holen, allzu deutlich bewusst. Denn es hängt nicht davon ab, wie viele Tiere ich habe, sondern wieviel Zeit ich mit ihnen verbringe und wie sie vom Charakter her sind. Ich hatte „Glück“, dass Toffi so zutraulich durch ihre Einsamkeit wurde, das ist nicht selbstverständlich, da muss man sich nur Lana als Gegenbeispiel ansehen. Joshi dagegen war schon immer ein schüchterner Geselle, während der Kastrafrist lebte er bis auf die Gesellschaft artgerecht, aber er konnte Streicheln nichts abgewinnen und fühlte sich dabei sichtlich unwohl. In der Gruppe aber lebte auch er auf, fühlte er sich sicherer und schaute sich von Toffi und Lana ab, dass Menschen gar nicht so unheimlich sind, wie er dachte. Ich hatte eine wundervolle, verschmuste Gruppe.

Aber dann wurde Toffi scheinträchtig und damit extrem aggressiv gegen andere Weibchen. Ich stand vor der Wahl Toffi und Joshi oder Lana und Joshi zusammen lassen. Ich entschied mich für Letzteres, da Lana schon viel länger alleine war als Toffi. Vermutlich habe ich übereilt gehandelt, das weiß ich im Nachhinein nicht mehr sicher, vielleicht hätte es sich doch wieder eingerenkt. Aber Lana war voller Bisswunden und Toffi saß nur noch quiekend in einer Ecke, bei der ersten Vergesellschaftung ist das sehr schwer mit anzusehen. Also trennte ich Toffi wieder von den anderen, bis mir eine Lösung eingefallen war. Sie war sooo unglücklich. Sie saß nur noch auf ihrem Sitzbrett und starrte vor sich hin. Wenn sie Auslauf im Garten bekam, den sie sonst immer eifrig genutzt hatte, blieb sie stur vor der Garagentür sitzen, denn in der Garage waren die anderen. Die sprang sogar mit voller Wucht gegen die Tür- es war schrecklich mit anzusehen.

Schließlich fanden wir die Lösung in einem 2. Rammler, in den wir uns spontan verliebten. Damit war die Geschlechterkonstellation wieder ausgewogen und notfalls wollten wir 2 Pärchen halten. Dieses Mal glückte die Vergesellschaftung und so wurde aus ursprünglich einem Kaninchen eine harmonische Vierergruppe,

Alles war perfekt- bis Toffi knapp einen Monat aus ihrer Papillomatose-OP nicht mehr erwachte. Erst dann wurde mir richtig bewusst, dass ihr Leben, so schön es auch schien, anfangs schrecklich gewesen sein musste. Und dann durfte sie nur 2 Monate (die erste Vergesellschaftung mitgezählt) von ihren 2.5 Jahren richtig glücklich leben und Kaninchen sein. Das tut mir so unglaublich leid, aber es zeigt, wie wichtig es ist, sich zu informieren und Informationen von Züchtern, Tierläden usw. nicht immer für bare Münze nehmen, sondern auch hinterfragen sollte. Toffi allein halten zu wollen, entsprang einem naiven, kindlichen Gedanken, ohne mich informiert zu haben, aber als ich es dann erfuhr, setzte ich alles daran, meinen Fehler wieder gut zu machen. Dass der Wunsch nach Babys von ihr später ihr Todesurteil sein würde, hätte ich mir auch nie träumen lassen. Die Vorwürfe, die man sich zu Recht macht, sind schrecklich, das verzeiht man sich nie! Aber leider sind sie manchmal nötig, damit man auf seine Fehler aufmerksam wird- sehr zum Bedauern des Tieres, das das Opfer für ein besseres Leben der folgenden Tiere bringen musste.

Jetzt weiß ich es besser:

Ja, es ist so, ein Kaninchen kann ohne Partner nie wirklich glücklich sein. Selbst wenn es schon immer alleine war, es ist einfach ein angeborenes Bedürfnis, aber ohne Partner ist dieses Bedürfnis „unsichtbar“ oder zeigt sich bei manchen Kaninchen durch Nachlaufen wie ein Hund, was falsch interpretiert und als süß empfunden wird. Ähnlich verhält es sich mit dem Fluchtverhalten. Hat das Kaninchen grade keine Angst, weiß man nicht, dass es weglaufen würde, ebenso kann es ohne Partner nicht zeigen, wie gern es mit ihm kuscheln oder sich von ihm putzen lassen würde. Mittlerweile hatte ich schon viele Vergesellschaftungen mit den verschiedensten Kaninchen durchgeführt. Alle hatten einen unterschiedlichen, individuellen Charakter und noch NIE konnte ich eine negative Verhaltensänderung danach beobachten. Wenn es Probleme gab, dann hatte es einen anderen Ursprung. Partner geben dem Kaninchen Sicherheit. Artgerechte Haltung ist ein Grundrecht. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, es umzusetzen, auch wenn es länger dauern kann. Daher macht es besser als ich und lasst es niemals soweit kommen, wie ich zu Beginn. Informiert euch, seid kritisch, denkt logisch mit eurem Menschenverstand, nehmt Wildkaninchen als Vergleich und schenkt all euren Tieren das Leben, das sie verdienen, sodass ihr euch guten Gewissens auf die Schulter klopfen könnt, wenn ihr sie zusammen kuscheln und Haken schlagen seht.

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