Verhaltensstörungen

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Hat man sich für Kaninchen als Haustiere entschieden, gibt es viele Dinge zu beachten, um sie artgerecht unterzubringen und zu beschäftigen. Wenn die Tiere nicht ihren natürlichen Bedürfnissen nachgehen können, kann dies zu enormem Fehlverhalten der Tiere führen, das auch für den Menschen sehr unangenehm ist. Denn aus den fälschlicherweise pflegeleichten Kleintieren können oftmals, aufgrund von falscher Haltung, verstörte Tiere werden, die auch ihrem Halter gegenüber ihr Unwohlsein schmerzhaft deutlich machen können.

Zu den häufigsten Verhaltensstörungen gehören:

  • Das Knabbern an Gitterstäben
    Dieses Verhalten resultiert häufig daraus, dass die Tiere auf deutlich zu wenig Platz gehalten werden und ihr enormer Bewegungsdrang so unterdrückt und verhindert wird und die Kaninchen somit ihren Frust an dem Gitter des Käfigs auslassen. Auch die Einzelhaltung kann zu solch einem Verhalten führen, weil die Tiere sich langweilen und seelisch verkümmern. Vorsicht: Andauerndes rütteln und knabbern an Gitterstäben kann nicht wieder korrigierbare Zahnfehlstellungen zur Folge haben!

  • Dem Halter permanent Hinterherlaufen
    Dieses Verhalten ist vor allem bei einzeln gehaltenen Kaninchen zu beobachten. Sie drücken durch das Hinterherlaufen aus, dass sie sich einsam fühlen und versuchen so, das Beste aus ihrer Situation zu machen. Viele Halter interpretieren dies falsch und sind der Meinung, das Kaninchen drücke damit Zuneigung seinem Halter gegenüber aus, doch das ist ein Irrtum. Wenn ein Kaninchen die Wahl hat, würde es immer ein anderes Kaninchen vorziehen, was jedoch nicht heißt, dass es dem Menschen gegenüber nicht zutraulich bleibt.

  • Aggressivität gegen das Partnertier
    Da viele Kaninchen keine ordnungsgemäße Kindheit erlebt haben und schon viel zu früh von Mutter und Geschwistern getrennt wurden, um bestmöglich an neue Halter verkauft zu werden, fehlt ihnen die wichtige Prägephase, in der sie ab etwa 8 Wochen das wichtige Sozialverhalten lernen. Daher ist es hier wichtig zu erwähnen, sich keine Kaninchen aus einer Zoohandlung zu kaufen, da diese Tiere in der Regel alle viel zu jung sind, um verkauft zu werden. Oft wird auch bei einer Vergesellschaftung Aggressivität ganz falsch gedeutet oder es wurde einfach noch nicht das passende Partnertier gefunden. Mehr lesen…
    Frühlingsgefühle und Scheinträchtigkeit bei weiblichen Tieren können ebenfalls der Auslöser für eine kurze aggressivere Zeitspanne sein.

  • Aggressivität gegen den Menschen
    Ist es nicht mehr möglich, die Unterkunft des Kaninchens zu säubern oder Futter hineinzulegen, ohne von einem wildgewordenen, kleinen Tier angegriffen zu werden, ist es höchste Zeit, diese Haltung zu überdenken. Meistens liegt es daran, dass das Kaninchen alleine leben muss, wenig Platz hat und sich somit bedrängt fühlt und sein zu knapp bemessenes Revier verteidigen will. Eine weitere denkbare Möglichkeit ist, dass es vom Menschen häufig umhergetragen wird.

  • Überängstlichkeit
    Kaninchen sind von Natur aus eigentlich neugierige Tiere. Ein Verhalten von Überängstlichkeit ist oftmals auf die Einzelhaltung zurückzuführen. Das Kaninchen hat dabei keinen Partner, an dem es sich z. B. orientieren kann oder mit dem es neue Dinge gemeinsam erkunden kann. Auch das Fehlen von schützenden Häuschen oder Tunneln, in die sich das Kaninchen zurückziehen kann, kann Auslöser dafür sein oder das Verhalten sogar noch verstärken.

  • Zwanghaftes Verhalten
    Dazu zählt z. B. zwanghaftes Putzen. Meist tun das Tiere, die mit irgendetwas überfordert oder enorm gestresst sind. Dabei sollte überdacht werden, ob der Standort und Einrichtung der Kaninchenunterkunft gut gewählt ist und ob das Tier dort auch zur Ruhe kommen kann.

  • Apathie
    Apathisches Verhalten kann beispielsweise durch eine reizarme Umgebung oder zu wenig Platz hervorgerufen werden. Kaninchen brauchen natürliche Reize, um neugierig, aufgeweckt und agil zu bleiben, sonst drohen weitere Verhaltensstörungen. Bei einer andauernden Teilnahmslosigkeit und Bewegungsunlust, sollten auch immer Schmerzen und somit gesundheitliche Gründe in Erwägung gezogen werden! Hier zählt schnelles Handeln, das Tier sollte einem Tierarzt vorgestellt werden. Denn Kaninchen sind Meister im Verstecken von Krankheiten, sonst würden sie in der Natur von ihrer Gruppe ausgeschlossen und Fressfeinden zum Opfer fallen.

  • Bewegungsstereotypisches Verhalten
    Dabei laufen die Tiere z. B. immer an einer Käfigseite auf und ab, buddeln monoton in einer Ecke des Käfigs, drehen sich usw. Auch dies spricht für Langeweile, zu wenig Auslauf und eine reizarme Umgebung.

  • Zerstörungswut
    Wenn das Kaninchen mutwillig und übermäßig Dinge wie Häuschen zerstört, kann das eine Reaktion aus Frust sein. Dann liegt es an dem Halter, herauszufinden, was dem Tier fehlt. Auch hier stehen an erster Stelle die Einzelhaltung und mangelnder Platz, die so ein Verhalten nicht selten auslösen können. Da Kaninchen sehr nagefreudige Tiere sind, sollten sie aber immer auch frische Zweige oder unbehandeltes Holz/Einrichtung (Häuschen, Weidebrücken, Korkröhren) als Nagemöglichkeit zur Verfügung haben. Dies kommt auch der Zahngesundheit zu Gute.

  • Selbstverstümmelung/Ausreißen von Fell
    Hier äußert das Kaninchen sein Unwohlsein an seinem eigenen Körper. Dabei kann es sein, dass es sich „nur“ Fell ausreißt, oder sich aber auch schwere Wunden zufügt, sich mutwillig Krallen ausreißt, sich kratzt oder beißt. Auch hier sollte wieder überdacht werden, wie das Kaninchen gehalten wird. Hat es zu wenig Platz? Lebt es alleine? Sollte man aber ein Kaninchen artgerecht halten und trotzdem so ein Verhalten beobachten, ist ein Gang zum Tierarzt unumgänglich. Ektoparasiten kämen ebenfalls in Frage, oder bei weiblichen Tieren eine Scheinträchtigkeit.

Alles in allem lässt sich nie ausschließen, dass das Kaninchen sich nicht vielleicht auch durch Krankheiten oder Schmerzen wie oben beschrieben verhält. Daher macht es in solchen Fällen immer Sinn, einen Tierarzt aufzusuchen, der das Tier rundum untersucht und somit Krankheiten oder Schmerzen feststellen oder ausschließen kann. Wenn das Tier jedoch gesund ist, gilt es, die Haltung zu überdenken.

Einen Erfahrungsbericht zu diesem Thema findet ihr hier.


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