Warum keine Einzelhaltung?

Kuschelnde Kaninchen

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Argumente gegen die Einzelhaltung von Kaninchen

Bilder sagen mehr als Worte…

Egal, ob man es wissenschaftlich, gesetzlich oder aus der Sicht eines Kaninchenfans sieht: Einzelhaltung ist und bleibt Tierquälerei!

Leider ist diese Haltung aber immer noch stark verbreitet. Dies lässt sich, genauso wie die Käfighaltung, auf die Nachkriegszeit zurückführen. Hier wurden die Tiere als Fleischlieferant für die hungrigen Menschen gehalten. Doch dies ist nun vorbei und spätestens jetzt sollte jedes Kaninchen mindestens einen Partner haben! In vielen Fällen ist die Angst vor einer missglückten Vergesellschaftung größer, als der Wunsch, das Singledasein seines Kaninchens zu beenden. Doch hier kann man erfahrene Halter, Tierschutzorganisationen oder Tierheime um Hilfe bitten. Auch wir vom MSO können hilfreich zur Seite stehen.

In freier Wildbahn leben Kaninchen in kleinen Gruppen (bis zu 10 Tieren) oder in großen Kolonien (bis zu 100 Tieren). Sie haben ein ausgeprägtes Sozialverhalten und eine strenge Hierarchie. Kaninchen in Einzelhaltung leiden genauso wie Menschen im Gefängnis unter der Isolation. Sie entwickeln Verhaltensstörungen, werden deprimiert oder aggressiv. Weder ein Mensch noch Meerschweinchen oder andere Tiere sind ein Ersatz für einen Artgenossen. Sie können sich nicht mit dem Kaninchen unterhalten, mit ihm spielen, kuscheln oder streiten. Also alles, was zum Sozialverhalten der Tiere gehört. Auch wenn eine Vergesellschaftung nicht immer einfach ist, es lohnt sich geduldig zu sein und nach einem passenden Partner zu suchen, wenn es beim ersten Mal nicht klappen sollte!

Bei Tierversuchen unterscheidet man zwischen vier Belastungsgraden, die in der Schwere des Versuches aufsteigend sind. Während in der ersten Kategorie Eingriffe wie Blutabnahme eingeordnet werden, ist im Zusammenhang dieses Infotextes die dritte Kategorie interessant. Als „schwere Belastung“ werden zum Beispiel tödlich verlaufende Krebskrankheiten, Toxizitätsstudien, aber eben auch die vollständige Isolation von geselligen Tieren für einen längeren Zeitraum gesehen. Die vierte Kategorie entspricht dem Tod. Dies bedeutet, dass für Wissenschaftler*innen von Ethikkommissionen, Mediziner*innen, Tierärzt*innen etc. die dauerhafte Unterbringung eines sozialen Lebewesens mit den hier genannten anderen Beispielen etwa gleich zu setzen ist. Und noch mehr: Schlimmer als das, ist nur der Tod selbst.

Häufige Antworten von Haltern eines Kaninchens…

Mein Kaninchen fühlt sich allein viel wohler.
Kaninchen sind sehr anpassungsfähig. Wieviel lebensfroher das Kaninchen sein kann, merkt man erst nach der erfolgreichen Zusammenführung, wenn man sieht, wie das Tier durch den Partner aufblüht. Rein wissenschaftlich betrachtet kann das Kaninchen nur ein Gruppentier sein. In freier Wildbahn zeigen sie ein ausgeprägtes Sozialverhalten: Sie dösen nebeneinander, putzen sich gegenseitig, spielen und streiten. Selbst ein allein lebendes Kaninchen zeigt, dass es eigentlich ein Gruppentier ist. Wird Gefahr gewittert, klopft es mit den Hinterbeinen auf den Boden um die vermeintlichen Gruppenmitglieder vor der Gefahr zu warnen. Dieses Geräusch ist sowohl oberirdisch als auch in den Höhlen der Wildkaninchen weit unter der Erde zu hören. Im Gesetzbuch steht, man müsse Tiere artgerecht halten: „Wer ein Tier hält (…) muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (…)“ Tierhaltung, zweiter Abschnitt §2. Der Art der Kaninchen entspricht einer Gruppenhaltung (oder mindestens einer Paarhaltung).

Wildkaninchen leben in Kolonien, aber ein Hauskaninchen ist doch domestiziert.
Das Kaninchen, was bei uns zu Hause sitzt, hat die gleichen sozialen Bedürfnisse wie seine wilden Verwandten. Vergleicht man uns europäischen Stadtmenschen mit einem australischen Naturvolk, so fehlen uns zwar die Instinkte für die Gefahren in der freien Natur und doch haben wir alle das gleiche soziale Bedürfnis nach mindestens einem Mitmenschen, der uns versteht. Grundsätzlich möchten wir nicht Kaninchen und Menschen vergleichen, aber um es sich besser vorstellen zu können, ist ein kleiner Vergleich mit beiden Gattungen hilfreich, da wir alle auch soziale Gruppentiere sind.

Ich beschäftige mich viel mit meinem Kaninchen, es ist fast nie allein.
Du kannst es streicheln, aber es nicht lecken und putzen.
Du kannst ihm warmes Stroh ins Gehege legen, aber dich nicht an es kuscheln, wenn ihm kalt wird.
Du kannst es füttern, dich aber nicht mit ihm um ein Kohlrabiblatt streiten.
Du kannst mit ihm reden, doch nicht in seiner Sprache.
Das alles wird es sehr vermissen, auch wenn du noch so ein toller Halter bist.

Mein Kaninchen ist nicht allein, es hat ein Meerschweinchen als Partner.
Bei dieser Haltung hat man nicht ein einsames Tier zu Hause sitzen, sondern zwei. Auch Meerschweinchen sind sehr soziale Tiere und brauchen einen Artgenossen. Bei dieser Haltung verliert das Meerschweinchen seine Sprache und kann vom Kaninchen schwer verletzt werden. Auch das Kaninchen wird nie eine Erwiderung auf die Fellpflege bekommen. Mehr lesen

Ich habe nicht genug Platz für zwei Kaninchen.
Mangelnder Platz ist ebenfalls eine Ursache für viel unnötiges Leid, das Kaninchen vom unwissenden Halter zugefügt wird. Auch wenn man mit dem „großen“ Käfig aus dem Zoofachgeschäft meint, etwas Gutes zu tun: Er reicht nicht. Platzmangel ist keine Ausrede, denn schon allein das erste Tier braucht mehr Platz als die 120 cm, die viele Käfige haben. Überträgt man diese Fläche auf den Menschen, hätte dieser zum Leben gerade einmal die Ladefläche eines Kleintransportes. Dies ist keine schöne Vorstellung. Bei einer kleineren Wohnung bietet sich auch ein mehrstöckiges Gehege oder freie Wohnungshaltung an. Mehr lesen…

Ich möchte, dass mein Kaninchen zahm bleibt.
Eine verbreitete Angst ist, dass durch einen Artgenossen das Kaninchen nicht mehr so sehr auf den Menschen bezogen ist. Dies widerspricht aber den Erfahrungen etlicher Halter. Das Kaninchen hat nun eine andere Beschäftigung, wenn du einmal nicht da bist. Kommst du dann wieder, hoppeln zwei Kaninchen auf dich zu und nicht, weil sie keine andere Abwechslung in ihrem tristen Leben haben, sondern aus purer Lebensfreude und Vertrauen zum Menschen. Natürlich ist man nicht mehr das wichtigste Wesen auf der Welt für das einzelne Kaninchen, aber wäre es nicht völliger Egoismus, dies von dem Tier zu verlangen?

Zwei Kaninchen bedeuten mehr Arbeit und sind teurer.
Das stimmt nur teilweise. Es bedeutet minimal mehr Streu, Futter und Heu. Dafür muss man sich weniger um das Tier kümmern, da es jetzt Gesellschaft hat. Natürlich kann es beim Tierarzt teuer werden. Doch diese Überlegung hat man sich ja hoffentlich schon bei der Anschaffung des ersten Tieres gemacht. Außerdem resultieren viele Krankheiten und Verhaltensstörungen erst aus der Einzelhaltung. Ein zweites Kaninchen kostet nur ein wenig mehr Geld, ist aber eine gute Investition in das Glück und die Gesundheit des vorhandenen Kaninchens.

Mein Kaninchen ist zu alt, um sich an einen Artgenossen zu gewöhnen.
Auch mit schon auftretenden Verhaltensstörungen, wenn einem das Kaninchen z. B. wie ein Hund überall hin nachläuft, lassen sich Kaninchen zu 99% der Fälle trotzdem vergesellschaften, egal, in welchem Alter. Selbst Kaninchen mit acht Jahren, die seit der Mutter kein anderes Kaninchen mehr gesehen haben, können noch richtig aufblühen. (Immerhin können Kaninchen bis zu 15 Jahre alt werden.) Besser spät als nie! Voraussetzung hierfür ist natürlich eine richtig durchgeführte Vergesellschaftung und dass die Männchen kastriert sind. Auch dies ist noch in hohem Alter bei gesunden Tieren kein Problem.

Mein Kaninchen verträgt sich nicht mit anderen.
Dieses Argument hört man oft. Meist ist dies die Schlussfolgerung aus einer missglückten Zusammenführung, die oft aus Unwissenheit falsch durchgeführt wurde. Kaninchen haben eine hierarchische Rangordnung, die sie erst klären müssen, bevor gekuschelt werden kann. Jagen, Fellflug und auch kleine Bisswunden sind in den ersten Tagen völlig normal, werden aber oft falsch interpretiert. Deswegen gibt es wichtige Regeln für die Zusammenführung von Kaninchen. Für uns Menschen sieht es meist schlimmer aus, als es tatsächlich ist. Werden sie befolgt, funktioniert die neue Partnerschaft in über 99% der Fälle. Mehr lesen…
Alternativ hört man diese Aussage auch, wenn das Kaninchen sich dem Halter gegenüber bereits aggressiv verhält und automatisch angenommen wird, dass es mit anderen Kaninchen genauso wäre. Natürlich muss zunächst vorher abgeklärt werden, ob die Aggressivität auf eine Verhaltensstörung durch z. B. zu wenig Platz oder gesundheitliche Probleme zurückzuführen ist. In der Regel verhalten sich solche Kaninchen in einer Vergesellschaftung ganz anders als erwartet, werden durch Platz und das Ende ihrer Einsamkeit viel ausgeglichener. Viele sind dann auch plötzlich anhänglich und verschmust, weil es ihnen seelisch so viel bessergeht.

Was habe ich davon?
Nun, vor allem zwei glückliche Haustiere, statt einem vereinsamten Kaninchen. Diese Freude kann man jedoch erst nach einer Vergesellschaftung beobachten. Es ist eine wahre Freude, Kaninchen beim gegenseitigen putzen, kuscheln und vor allem beim spielen, toben und necken zu beobachten. Kaninchen sind soziale Wesen und viel interessanter, wenn sie ihr natürliches Verhalten ausleben können.

Erfahrungsbericht: Einzelhaltung (Inga)

Erfahrungsbericht: Einzelhaltung (Nadja)

Erfahrungsbericht: Einzelhaltung (Cilli)


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