Verhaltensstörungen – Erfahrungsbericht von Romi

Motte kommt ursprünglich aus langjähriger Käfighaltung. Nach Aussage der vorherigen Besitzer war sie, als wir sie dort rausgeholt haben, zwischen 6 und 8 Jahren alt.

Der Käfig, in dem sie saß, war ein handelsüblicher „Gitterknast“ ca. 1m * 0,6m klein. Im Käfig selbst befand sich ein bissen Einstreu, fisseliges Heu, ein kaputtgeknabbertes Haus, 2 Kaninchen Stofftiere, sowie ein Napf mit Trockenfutter. Motte wurde in den Jahren bei den vorherigen Besitzern nie einem Tierarzt vorgestellt und hatte, als ich sie holte, ca. 4-5cm lange Krallen. Mir wurde berichtet, sie sei Händen gegenüber aggressiv, beiße sowohl an Gitterstäben herum als auch ständig an ihrem Häuschen.

Ich nahm sie mit zu mir. Zuvor hatte ich bereits ein kleines Gehege für sie gebaut, damit sie nicht so lange in einer Transportbox warten musste. Ihren Käfig haben wir mitgenommen, um die Käfigunterschale als Klo nutzen zu können, auch das Trockenfutter für die Umstellung wurde uns mitgegeben. Ich setzte sie in das Gehege und ließ sie zunächst zur Ruhe kommen.

Beim Füttern stellte sich mir dann die erste Herausforderung. Ich stellte ihr einen Napf mit Frischfutter hin, sie kam mit angelegten Ohren angestürmt und das erste was ich tat, war den Napf fallen zu lassen sowie meine Hand wegzuziehen. Als ich den Napf richtig platzieren wollte, trat das Problem erneut auf. Ich nahm also ein Lineal und legte dieses über den Rand der Käfigunterschale. Ihre Reaktion: Sie kam angestürmt, biss in das Lineal, riss daran rum und versuchte es mit den Krallen zu zerkratzen. Eins stand hier fest: Meine Hand ging erstmal nicht erneut in die Nähe der Nase – dass sich dies schnell ändern würde, wusste ich hier noch nicht.

Am nächsten Tag besorgten wir ihr erstmal ein neues Häuschen, was nicht an die alten Fassaden der Käfighaltung erinnerte. Sie nutze dies sehr gerne, sprang auf das Dach, lag im Häuschen drin und beobachtete alles.

Am dritten Tag wurden meine Sorgen immer größer. Motte lag nur in der Käfigunterschale und verließ diese nicht, auch Versuche sie herauszulocken mittels Futter oder Umstellung des Häuschens waren vergeblich. So konnte das nicht weitergehen, ich wollte ihr ja endlich ein freieres Leben mit mehr Platz bieten.

Stundenlang saß ich in den Tagen bei ihr in der Nähe und versuchte immer wieder das Vertrauen von ihr zu bekommen. Jeder Schritt der zu viel war, wurde wieder zurückgegangen. Ich stellte fest, dass ihr stürmisches Verhalten lediglich eine Schutz- bzw. Angstreaktion war. Sie wollte mir nichts tun, sondern stürmte an um Dinge in die Flucht zu jagen, die sie nicht haben mag. Wer kam denn auch sonst in ihren Käfig herein? Sie saß ja immer alleine in einem Raum, wo selten jemand hereinkam.

Als sich auch 2 weitere Tage nichts tat, beschloss ich, ihr einen Schubs zu geben. Eigentlich wollte ich ihr von Beginn an die Zeit lassen sich langsam an alles zu gewöhnen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl ,dass sie einen Schubser gebrauchen könnte. Also nahm ich sie einmal hoch und setzte sie schließlich außerhalb der Käfigunterschale auf den Teppichboden – schon war das Eis gebrochen.

Sie sprang immer wieder in die Käfigunterschale und wieder heraus, untersuchte und markierte alles. Als ich sie beobachtete, wurde mir klar, dass dies der richtige Schritt war.

Die Tage darauf wurde das Vertrauen zu der kleinen Nase immer größer und auch streicheln war möglich. Sie war „gerne“ bei mir, verfolgte mich auf Schritt und Tritt (was definitiv eine Verhaltensstörung war).

Eine Hürde stellte sich mir noch, nachdem alle Impfungen vorhanden waren: Die Vergesellschaftung mit einem Kastraten.

Zum Glück verlief dies ohne Probleme, da ein sehr ruhiger Gesell bei uns einzog, der Motte viel Sicherheit gab. Obwohl sie sich zunächst 3 Tage lang ignorierten, wurde direkt danach ein unzertrennliches Band gebildet. Und noch heute können sie nicht ohne den jeweils anderen. Sie lieben es sich gegenseitig zu putzen und zu kuscheln.

Verhaltensstörungen die ich bei Motte erlebt habe, waren (Aussagen der Besitzerin mit einbezogen): – Nagen am Gitter; – Zerstören von Häusern (Nagen, Werfen etc.); – Aggressivität gegenüber Stoff-Kaninchen; – Stürmisches Verhalten sowie angreifen, sobald etwas in ihr Revier eindrang (Hände, Gegenstände) => Angst-, Stressreaktion (?); – Revierbezogenheit; – Halter als Partner ansehen; – Starkes Misstrauen gegenüber allen neuen Sachen

Besonders wichtig bei Kaninchen mit Verhaltensstörungen ist die Geduld und das Einfühlungsvermögen. Man sollte individuell auf das Kaninchen eingehen und nie zu schnell oder hektisch handeln.

Motte hat all ihre Verhaltensstörungen abgelegt und lebt mit 2 anderen Kaninchen ohne Probleme zusammen.