Domestikation

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Die Domestikation von Kaninchen und ihre Auswirkungen

Der Begriff „Domestikation“ oder auch „Domestizierung“ leitet sich von dem lateinischen Adjektiv domesticus (deutsch: häuslich, auf das Haus bezogen) ab. Als Domestikation bezeichnet man allgemein einen Veränderungsprozess von Wildtieren oder –pflanzen, bei dem diese durch den Menschen den gewünschten Eigenschaften mittels Zucht angepasst werden. Zweck der Domestikation ist die Verwendung des Tiers als Nutz- oder Heimtier. Ein domestiziertes Haustier unterscheidet sich meistens sowohl optisch, als auch charakterlich von der ursprünglichen Wildform, einige Eigenschaften sind jedoch erhalten geblieben. Dies ist auch bei unseren Hauskaninchen der Fall.

Kaninchen gibt es als domestizierte Haustierform noch nicht allzu lange; man begann mit deren Domestikation vor etwa 1500 Jahren in Frankreich (zum Vergleich: Mit der Domestikation von Rindern begann man bereits vor 10.500 Jahren). Bei der Kaninchen-Domestikation bestand von Anfang an das Ziel, ausschließlich optische Veränderungen zu erzielen (nicht etwa auch charakterliche Änderungen, wie es beispielsweise bei Hunden der Fall ist). Heute gibt es unter Kaninchen unheimlich viele optische Variationen, die vom wildfarbenen Hauskaninchen bis zu deutlich extremeren Zuchten (wie z.B. Angorakaninchen) reichen. Vor ca. 2000 Jahren hielten die Römer bereits Wildkaninchen in Gehegen und Käfigen. Die Haltung und Zucht von Kaninchen scheint also schon damals in gewisser Weise begonnen zu haben. Später begannen Mönche, Kaninchen nach Größe und Farbe zu züchten. Bis zum 19. Jahrhundert wurden keine sonderlich großen Fortschritte bei der Domestikation von Kaninchen gemacht.

Doch dann wurde die Kaninchenzucht und damit Fortschritte in deren Domestikation zur Zeit der industriellen Revolution erneut sehr populär. Die Menschen hielten sie in ihren (auf Grund der z.Zt. der industriellen Revolution verhältnismäßig sehr hohen Bevölkerungszahlen) sehr kleinen Gärten in welche kaum ein Fleisch- und Pelzlieferant außer das Kaninchen zahlreich gepasst hätte. Schon bald gab es die ersten kleinen Zucht-Wettbewerbe unter den Menschen.

Haus- und Wildkaninchen sind so eng miteinander verwandt, dass sie noch immer als ein- und dieselbe Tierart betrachtet werden. Dies zu Recht, denn Hauskaninchen haben noch immer dieselben Grundbedürfnisse wie ihre wilden Vorfahren (z.B. die Gesellschaft von Artgenossen und viel Platz) und ähneln ihnen optisch z.T. noch immer stark. Trotzdem lassen sich bei genauerem Hinsehen sowohl optisch, als auch charakterlich einige Unterschiede feststellen.

So gibt es zum Beispiel mehrere physiologische Unterschiede: Das Gehirn des Wildkaninchens ist deutlich wasserhaltiger und um ca. 22% schwerer als beim Hauskaninchen. Das Rückenmark des Hauskaninchens ist um ca. 4% leichter als beim Wildkaninchen. Die Augen des Hauskaninchens haben ebenfalls weniger Gewicht, etwa 21%. Das Herz unserer Hauskaninchen wiegt ca. 37,5% weniger als das des Wildkaninchens. Außerdem ist das Hörvermögen des Hauskaninchens insgesamt deutlich herabgesetzt. Der Geschmackssinn des Hauskaninchens ist schlechter ausgeprägt, was durch weniger Geschmacksknospen auf der Zunge nachgewiesen wurde. Die Ohren des Wildkaninchens sind etwa 7cm lang, beim Hauskaninchen sind sie meist – je nach Rasse – entweder deutlich länger oder kürzer. Die Aktivitätszeiten von Haus- und Wildkaninchen sind mittlerweile auch sehr unterschiedlich. Wildkaninchen sind hauptsächlich früh morgens, in der Dämmerung und nachts aktiv, Hauskaninchen dagegen nicht selten auch tagsüber. Die Aktivitäts- und Ruhephasen wechseln sich beim Hauskaninchen rasch ab, wohingegen Wildkaninchen meist stundenweise vollkommen ruhig oder durchgehend aktiv sind. Die jederzeitige Fluchtbereitschaft ist beim Hauskaninchen aufgrund der fehlenden Reize deutlich weniger ausgeprägt. Die meisten Veränderungen sind auf die unterschiedlichen Lebensbedingungen der wilden und der domestizierten Form zurückzuführen.

Wild- und Hauskaninchen haben jedoch noch immer dasselbe Verdauungssystem und denselben Nährstoffbedarf, woraus folgt, dass die Ernährung unserer Hauskaninchen stets möglichst naturnah gestaltet werden sollte.

Auch die anderen Grundbedürfnisse wie der Bedarf an Artgenossen, Platz und Möglichkeiten zum Nagen, Verstecken und Buddeln sind weiterhin in unseren domestizierten Hauskaninchen verankert, was natürlich bedeutet, dass wir unsere Kaninchenhaltung diesen Bedürfnissen anpassen sollten.


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