Verdauungstrakt

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Bei dem Kaninchen beginnt die Verdauung, wie auch beim Menschen, bereits in der Mundhöhle. Die sehr scharfen Schneidezähne des Kaninchens trennen die Nahrung, die dann von den Backenzähnen in einer 8-förmigen Kaubewegung zermahlen wird. Da die Zähne stetig nachwachsen (1-1.5cm pro Monat), ist die Abnutzung sehr wichtig, die nur durch eine artgerechte Ernährung ermöglicht wird (siehe hier weiter). Durch verschiedene Enzyme und Bio-Katalysatoren im Speichel beginnt im Mund die Vorverdauung des Nahrungsbreis. Durch die Speiseröhre, die nur zum Transport dient, gelangt der Nahrungsbrei in den Magen des Kaninchens. Dort wird der Chymus mit Salzsäure angereichert und die Proteine denaturieren. Eiweißspaltende Enzyme beginnen daraufhin mit deren Abbau. Wichtig ist hier jedoch, dass der Magen des Kaninchens, anders als bei vielen anderen Tierarten, aufgrund der schwachen Bemuskelung selbst kaum peristaltische Bewegungen  durchführt. Der Nahrungsbrei wird somit nur in den Dünndarm weitergeleitet, wenn von oben Futter nachdrückt, das ihn weiterschiebt. Es handelt sich um einen umgangssprachlichen Stopfdarm. Dadurch ist der Magendarmtrakt nie ganz leer. Der Nahrungsbrei bleibt im Magen in der Regel nicht länger als 1h und wird durch nachkommende Nahrung weitergeschoben, wodurch auch anatomisch begründet ist, dass Kaninchen nie hungern sollten und auch kein sättigendes Futter, wie Trockenfutter bekommen sollten. Da ein Nahrungsbreistillstand schnell zu einer Gärung des Futters im Magen führen kann. Eine komplette Passagedauer vom Mund bis zum fertigen Köttel dauert im Schnitt 4-5h. Rohfaser ist für das Kaninchen deshalb so wichtig, weil ein hoher Anteil an Rohfaser die Geschwindigkeit der Darmpassage der Nahrung bestimmt. Im meisten Trockenfutter ist der Rohfasergehalt und damit die Größe der einzelnen Futterpartikel, wenn sie verdaut werden, viel zu gering, sodass die Passagedauer der Nahrung im Darm unnormal lange dauert. Daher sind die Kaninchen bei falscher Fütterung anfälliger für Verdauungsprobleme.

Im vorderen Dünndarm kommen dann weitere Verdauungsenzyme hinzu, die weitere Nahrungsbestandteile spalten. Später münden auch Ausführgänge der Bauchspeicheldrüse und der Gallenblase in den Dünndarm. Die Leber kann über einen kurzen Zeitraum Blutzuckerüberschüsse in Form von Glykogen speichern, während die Bauchspeicheldrüse den Blutzuckerspiegel reguliert und Enzyme zum Spalten von Fetten (in Glycerin und Fettsäuren) und Kohlenhydraten (in Di- und Monosaccharide) freisetzt.

Der größte Teil der Verdauung findet im hinteren Teil des Dünndarms statt. Durch die äußeren, aktiven Darmzotten werden die verwertbaren Zerlegungsprodukte der Nahrung aufgenommen und an den Blutkreislauf abgegeben.

Beim Übergang vom Dünn- in den Dickdarm gibt es eine Abzweigung in den großen Blinddarm. Dort hinein gelangen nur Partikel von roh- und ballaststoffreichen Pflanzenteilen, die kleiner als 3mm sind. Mithilfe von Darmmikroben wird ihnen die Restenergie entzogen, mikrobiell weiter aufgeschlüsselt und in verwertbare Bausteine umgewandelt (besonders Monosaccharide, die aus der Zellulose der Zellwand gewonnen werden). Dadurch erhalten die Kaninchen Zugang zu den wichtigen darin enthaltenen Vitaminen und Proteinen. Wurde die Nahrung soweit im Blinddarm aufgeschlüsselt, kann sie vom Darm aber nicht mehr aufgenommen werden, da sie sich bereits im Dickdarm befindet, die Resorption für den Körper aber nur im Dünndarm stattfindet. Daher müssen die Kaninchen den entstandenen Blinddarmkot nochmal fressen, um seine Inhaltsstoffe in einer weiteren Darmpassage im Dünndarm aufzunehmen. Erst dann können sie vom Körper effektiv genutzt werden. Anders als die allgemein bekannten Köttel ist Blinddarmkot sehr weich, traubenförmig (gemäß der Form des Blinddarms) aufgereiht und im frischen Zustand feucht glänzend. Er wird ohne weitere Eingriffe durch den Dickdarm geleitet und ausgeschieden. Das Kaninchen nimmt diesen Kot direkt vom After wieder auf. Diese Aufnahme lebenswichtiger Vitamine sollte man als Halter niemals verhindern! Wird er vom Kaninchen nicht gefressen und platt getreten, kann er leicht mit Matschkot oder gar Durchfall verwechselt werden. Blinddarmkot ist für Wildkaninchen auch in Hungerzeiten essentiell, da sie damit ihre Verdauung bis zu einem gewissen Grad in Gang halten können, wenn sie im Winter z. B. keine Nahrung finden.

Partikel, die größer als 3mm sind, werden am Blinddarm vorbeigeschleust. Sie sind dafür zuständig, dass die Verdauung in Gang bleibt, sind also quasi der Hauptantriebsfaktor. Im restlichen Dickdarm wird ihnen vor allem ein Großteil des Wassers entzogen. Die Ingesta gelangt dann in den Enddarm, wird durch perlenartige Einschnürungen des Rectums zu Bällchen geformt und dann als „normale“, runde, trockene Köttel ausgeschieden. Der Kot enthält nun unverdauliche Nahrungsreste und eventuelle Nährstoffüberschüsse.


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