Futtermittel-Deklaration

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Nimmt man als Kaninchenhalter eine Packung mit Fertigfutter in die Hand, so findet man meist auf der Rückseite eine Auflistung mit vermeintlich allen Inhaltsstoffen. Viele davon sind jedoch allgemein nicht sonderlich bekannt bzw. sind für viele Kaninchenhalter nur schwer verständlich.
Die Hersteller sind verpflichtet, bestimmte Informationen über die Zusammensetzung anzugeben. Jedoch dürfen manche Inhaltsstoffe auch verwendet werden, ohne sie gesondert anzugeben. Auch eine Deklaration bietet also keine 100-prozentige Sicherheit. Teilweise findet man sogar (v.a. an Selbstbedienungsständen in Zoofachgeschäften) Futtermischungen ohne Zutatenlisten. Von diesen sollte man selbstverständlich erst recht die Finger lassen.

Da viele Inhaltsstoffe eben aufgrund der schwierigen Verständlichkeit oft nicht aufschlussreich für Kaninchenhalter sind, ist das Ziel dieses Textes, diesbezüglich etwas Licht ins Dunkle zu bringen – nicht zuletzt auch, um besser verständlich zu machen, was es eigentlich genau ist, was den meisten Kaninchen in den industriellen Futtermischungen Schäden zufügt.

Dabei sollen folgende Fragen nacheinander geklärt werden:

1) Was sagt das Gesetz über die Zusammensetzung von Futtermitteln?

2) Was bedeuten grundlegende Begriffe wie Rohprotein, Rohfett, Rohfaser, Rohasche usw. und warum sind sie so wichtig für die Kaninchenernährung?

3) Welche Inhaltsstoffe können in den Futtermischungen enthalten sein?

4) Warum sind die meisten Inhaltsstoffe so schädlich für unsere Kaninchen?

 


1) Was sagt das Gesetz über die Zusammensetzung von Futtermitteln?

Die gesetzliche Grundlage dazu, wie ein Futtermittel genannt werden darf, was also u.a. auf Verpackungen angegeben wird, lautet wie folgt:

In der Futtermittelverordnung §1, Abschnitt 1 sind folgende Begriffe definiert:

1. Alleinfuttermittel: Mischfuttermittel, die dazu bestimmt sind, allein den Nahrungsbedarf der Tiere zu decken;

2. Ergänzungsfuttermittel: Mischfuttermittel, die gegenüber einem Alleinfuttermittel für die jeweilige Tierkategorie höheren Gehalt an bestimmten Stoffen (…) aufweisen und die aufgrund ihrer Zusammensetzung dazu bestimmt sind, in Ergänzung anderer Futtermittel den Nahrungsbedarf der Tiere zu decken;

3. Melassefuttermittel: Ergänzungsfuttermittel, die unter Verwendung von Melasse hergestellt sind und mindestens 14 von 100 Gesamtzucker, berechnet als Saccharose, enthalten;

4. Mineralfuttermittel: Ergänzungsfuttermittel, die überwiegend aus mineralischen Einzelfuttermitteln zusammengesetzt sind und mindestens 40 von 100 Rohaschen enthalten;

(…)
6. Tagesration: Gesamtmenge der Futtermittel, die ein Tier einer bestimmten Art, Altersklasse und Leistung täglich im Durchschnitt benötigt, um seinen gesamten Nährstoffbedarf zu decken, bezogen auf einen Feuchtigkeitsgehalt von 12 von Hundert;

7. Inhaltsstoffe: Stoffe – außer Futtermittel-Zusatzstoffe, Mittelrückstände oder unerwünschte Stoffe, – die in einem Einzel- oder Mischfuttermittel enthalten sind und seinen Futterwert beeinflussen, es sei denn, dass diese Beeinflussung nur unerheblich ist;

8. Mindesthaltbarkeitsdatum: Das Datum, bis zu dem das Mischfuttermittel unter angemessenen Aufbewahrungsverhältnissen die seine Qualität bestimmenden Eigenschaften behält;

9. Heimtiere: Tiere von Arten, die üblicherweise vom Menschen gehalten, aber nicht verzehrt werden, ausgenommen Tiere, die der Pelzgewinnung dienen (…)“


2) Was bedeuten grundlegende Begriffe wie Rohprotein, Rohfett, Rohfaser, Rohasche usw. und warum sind sie so wichtig für die Kaninchenernährung?

Oft ist sowohl in einigen Texten über Kaninchenernährung, als auch auf Verpackungen von Fertigfuttermitteln die Rede von Begriffen wie Rohasche, Rohfaser, Rohprotein usw.

Diese sind zurückzuführen auf die sogenannte Weender Futtermittelanalyse. Unterschieden wird hierbei grundsätzlich zwischen Rohasche, Rohfaser, Rohprotein, Rohfett und stickstofffreien Extraktstoffen (NfE). Diese Angaben sind auf die Trockenmasse bezogen, welche entsteht, wenn eine Probe getrocknet wird. Dabei werden Rohwasser und einige flüchtige Bestandteile wie etwa Ammoniak, Alkohol oder Essigsäure entzogen und was übrigbleibt, ist die sogenannte Trockenmasse, welche alle effektiv verwertbaren Bestandteile wie Eiweiße, Fette usw. enthält.

Zur Bestimmung des Rohasche-Gehalts wird die Probe in einem bestimmten Ofen unter genauen Vorgaben erhitzt. Dabei werden alle organischen Bestandteile verbrannt und übrig bleibt die sogenannte Rohasche, also Mineralstoffe & Sand, welche für den Körper nicht verwertbar sind. Alles andere ist organische Masse, also Rohfaser, Rohprotein, Rohfett und stickstofffreie Extraktstoffe, welche vom Körper allesamt verwertet werden.

Rohfett ist der Teil der organischen Masse, welche sich unter Verwendung von Fettlösungsmitteln löst.

Rohprotein steht für alle stickstoffhaltigen Bestandteile. Dabei wird nochmal das verdauliche Rohprotein abgegrenzt, welches für den Körper eine effektive Bereicherung darstellt.

Die Rohfaser bleibt trotz Behandlung mit verschiedenen Säuren und Basen immer zurück, ist also für den Organismus unverdaulich. Dabei handelt es sich in erster Linie um Cellulose, also die Stützsubstanz von Pflanzen. Obwohl nicht verdaulich, ist die Rohfaser essentiell für Pflanzenfresser, da sie die Verdauung ankurbelt.

Unter stickstofffreien Extraktstoffen (NfE) werden lösliche Zucker, Stärke, Pektine und verschiedene Säuren verstanden.

Die Zusammensetzung eines jeden Futtermittels ist also grundsätzlich wie folgt:

100 % = Wasser + Rohasche + Rohfaser + Rohprotein + Rohfett + NfE


3) Welche Inhaltsstoffe können in den Futtermischungen enthalten sein?

Bei den meisten Inhaltsstoffen in Futtermischungen handelt es sich um Nebenerzeugnisse aus der Lebensmittelindustrie für den Menschen. Sie sind also grundsätzlich nicht auf den Pflanzenfresser Kaninchen ausgelegt, sondern werden mithilfe verschiedener Verfahren so angepasst, dass die Kaninchen die Mischungen fressen und möglichst keine gesundheitlichen Schäden auftreten – was in der Praxis jedoch dennoch häufig vorkommt.

Einige Inhaltsstoffe sind für das Kaninchen durchaus wertvoll und umsetzbar, andere jedoch schädlich. In erster Linie ist hierbei immer auf den Gehalt an Zucker, Mineralstoffen, Stärke und Rohfaser zu achten, da so schnell klar ist, wie kalorienreich das Kaninchen mit dem Futtermittel versorgt wird und wie leicht oder schwer die Darmpassage abläuft.

Im Folgenden sind einige Komponenten aufgelistet und erklärt, die häufig auf der Zutatenliste von Fertigfuttermischungen zu finden sind.

Apfeltrester: Trockenmasse, die bei Auspressen von Äpfeln bei Saftherstellung zurückbleibt

Calciumcarbonat: Futtermittelzusatz in Form von Kalk, Kreide, Bestandteil von Knochen & Zähnen, reguliert u.a. Säurehaushalt

Cystin: Eine von 20 proteinbildenden Aminosäuren

Eierzeugnisse: Abfälle, die in Eierindustrie entstehen, tierische Lebensmittel haben in Kaninchenmagen nichts zu suchen und sind absolut gesundheitsschädlich

Gerste: Meist handelt es sich um Futtergerste; eiweißreich

Getreide, Cerealien: Sammelbegriff für Zuchtformen von Süßgräsern; wird nur dieser Begriff aufgeführt, kann FM sämtliche Bestandteile von unterschiedlichsten Getreidesorten enthalten. Wegen mangelnder Informationen sollte man hiervon vorsichtshalber die Finger lassen

Hafer: Vor allem gewöhnlicher Hafer, Haferflocken sind nichts anderes als Hafer, der durch Schälen entspelzt, gewalzt und thermisch behandelt wurde. Dies macht ihn deutlich leichter bekömmlich als „frischen“ Hafer; Haferschälkleie = Nebenprodukt bei Haferflockenproduktion, welches die äußere Schicht des Haferkorns enthält

Johannisbrot: Getrocknete Frucht des Johannisbrotbaums, reich an Zucker, wächst im Mittelmeerraum

Leinextraktionsschrot: Nebenerzeugnis von Ölgewinnung, in erster Linie reich an Trockensubstanz, Rohprotein und Aminosäuren
Leinkuchen: Rückstand von Leinölherstellung

Luzernegrünmehl: Aus Trocknungs- und Mahlvorgängen junger Luzerne

Maiskleberfutter: Nebenerzeugnis der Maisstärkegewinnung

Malzkeime: Nebenerzeugnis aus Vermälzung von Getreide, v.a. getrocknete Keimlinge

Melasse: Nebenerzeugnis bei Herstellung von Zucker aus Zuckerrohr oder Zuckerrüben, zu ca. 60% aus Zucker, organischen Säuren und anorganischen Salzen

Melasseschnitzel: Nebenerzeugnis aus Zuckergewinnung, entsteht durch Trocknung von melassierten Pressschnitzeln

Milcherzeugnisse: Abfälle aus Milchindustrie, tierische Lebensmittel haben in Kaninchenmagen nichts zu suchen und sind absolut gesundheitsschädlich

Möhrentrester: Bleibt nach Auspressung von Möhren bei Saftherstellung zurück

Monocalciumphosphat: Futtermittelzusatz, welcher als Antioxidationsmittel, Säureregulator und Trägerstoff agiert, also die Haltbarkeit positiv beeinflusst

Natriumchlorid: Kochsalz; lebenswichtiges Mineral

Nüsse: Sehr hoher Energiegehalt

Ölsaaten: Pflanzensamen mit hohem Ölgehalt; Sonnenblumenkerne enthalten z.B. alle für Kaninchen essentiellen Aminosäuren

Rapsextraktionsschrot: fettarmes, eiweißreiches Nebenprodukt, welches bei Rapsölherstellung anfällt

Sonnenblumenextraktionsschrot: fettarmes, eiweißreiches Nebenprodukt, welches bei Sonnenblumenölherstellung anfällt

Threonin, Tryptophan: Essentielle Aminosäuren, welche der Körper nicht selbst bilden kann, müssen also über Nahrung zugeführt werden

Trockengrünfutter: Getrocknetes oder gepresstes Grünfutter aus Gras, Luzerne etc. (Heubriketts oder Heucobs)

Vinasse: Nebenerzeugnis durch Fermentation bei Gewinnung von Alkohol, Hefe etc.

Weizen: Aufgrund des hohen Gehalts an Klebereiweiß nicht für Kaninchenernährung geeignet

Weizen(grieß)kleie: Mühlennachprodukt aus Schale & Keim des Korns, unterscheiden sich in ihrer Feinheit der Bestandteile

Zuckerrübenmelasse: Sirupartiges Nebenerzeugnis aus Verarbeitung von Zuckerrüben


4) Warum sind die meisten Inhaltsstoffe so schädlich für unsere Kaninchen?

 

Der Hauptbestandteil industrieller Fertigfuttermischungen sind also Füllsubstanzen, die für den Hersteller billig zu erwerben sind (z.B. Trester oder Getreide). Dadurch ist die Futtermischung zu energiereich, was u.a. zu Übergewicht und einem Ungleichgewicht in der Darmflora führt.

Auch die Struktur des Futters, welche durch den Mahlvorgang völlig verloren geht, ist ausschlaggebend, da die zu klein gemahlenen Bestandteile sich im Blinddarm anhäufen, wodurch es dort zu Entzündungen & Verstopfungen kommen kann. Auch nimmt das Volumen des zusammengepressten Futters im Magen bei Kontakt mit Flüssigkeit extrem zu, wodurch die dünne Magenwand des Kaninchens zu stark gedehnt wird, was ihm starke Schmerzen und eine gestörte Verdauung beschert.

Nach dem Zerkleinern der Bestandteile werden diese erhitzt und gepresst, wodurch alle übrigen Nährstoffe verloren gehen. Durch den Zusatz von Geschmacksverstärkern frisst das Kaninchen die Mischungen aber dennoch gern und künstlich zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe versuchen, einen Teil der Versorgung zu garantieren – was eine Fertigfuttermischung jedoch niemals im selben Ausmaß sicherstellen kann wie ein Gemisch aus verschiedenen Wiesenpflanzen, also dem natürlichsten Kaninchenfutter überhaupt, auf welches sich seine Verdauung spezialisiert hat. Vor allem Salze werden oft im Übermaß hinzugefügt, wodurch das Kaninchen oft später mit Blasen- & Nierenkrankheiten zu kämpfen hat.

Eigentlich wären die gepressten Bestandteile ein brauner Einheitsbrei, würden nicht industriell noch Farbstoffe hinzugefügt werden. Besonders „grüne“ Bestandteile im Futter gaukeln dem ahnungslosen Kaninchenhalter oft vor, dass die Komponenten gesund seien, obwohl die Inhaltsstoffe nichts mit grünem Wiesenfutter gemeinsam haben.

Die oben aufgelisteten Inhaltsstoffe wirst du vorwiegend in Zutatenlisten für industrielles Fertigfutter  finden. Diese benötigt jedoch, u.a. aus den oben genannten Gründen, kein Kaninchen. Wenn du als Alternative getreidefreie Futtermischungen verfüttern möchtest – wovon wir jedoch abraten – findest du hier alle nötigen Informationen. Kaninchen, welche vermehrt Energie zugeführt bekommen sollen, da sie zu dünn sind oder ihr Gewicht nicht halten können, können auch mit Wurzel-/Knollengemüse oder ein paar Sämereien zugefüttert werden. (Achtung: Viele normalgewichtige Kaninchen werden mittlerweile als zu dünn wahrgenommen, sodass wir diesem Thema einen gesonderten Informationstext gewidmet haben (hier).)

Eine gesunde Kaninchenernährung sollte aus Grünfutter, am besten verschiedene Wiesenpflanzen und Kräutern, alternativ und ergänzend aus Blattgemüse und ggf. Heu bestehen. Weitere Informationen zur artgerechten Ernährung findest du hier.


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