Blutuntersuchung

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Die Untersuchung des Blutes gliedert sich grob in Morphologie (also mit dem bloßen Auge oder unterm Mikroskop erkennbare Bestandteile), die biochemische Untersuchung, Blutgruppenserologie und die Gerinnungsdiagnostik, wobei Letztere hier aus Übersichtsgründen nicht genauer beschrieben wird, da sie bei Kaninchen so gut wie keine klinische Bedeutung hat. Einige Parameter werden bei der Blutuntersuchung grundsätzlich immer bestimmt, während andere nur bei Verdacht auf bestimmte Erkrankungen herangezogen werden.

Blutentnahme beim Kaninchen

Diese erfolgt i.d.R. aus der sog. Vena saphena lateralis, also einer Vene, die seitlich am Unterschenkel des Kaninchens verläuft. Zunächst wird die Stelle entweder geschoren oder das Fell ausreichend mit Alkohol befeuchtet, sodass es zur Seite geschoben werden kann.

Dann wird die Vene gestaut und die Kanüle kann eingeführt werden. Alternativ kann Blut aus zwei verschiedenen Venen am Hals oder an größeren Ohrgefäßen entnommen werden, wobei hier i.d.R. nur kleine Mengen Blut gewonnen werden können, sodass es für eine normale laborchemische Untersuchung meist nicht ausreicht. Lediglich bei Überprüfungen des Blutzuckerwertes bei Kaninchen, welche an Diabetes erkrankt sind, kann eine Blutentnahme hier sinnvoll sein. Das abgefüllte Blut wird nun in ein Labor transportiert, wo es dann weiter untersucht wird.

Bestandteile des Blutes

Das Blut besteht zu etwa 45 % aus zellulären und zu 55 % aus flüssigen Bestandteilen, dem Plasma (eine weitestgehend wässrige Lösung, welche neben Proteinen z.B. auch wichtige Bestandteile zur Blutgerinnung enthält). Die zellulären Bestandteile gliedern sich in die verschiedenen Zellen des Blutes: Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten.

Die quantitativ bedeutsamsten Zellen des Blutes sind die Erythrozyten. Sie sind besser bekannt als rote Blutkörperchen und dienen dem Transport von Sauerstoff zum Gewebe und dem Abtransport von CO2, welches dann über die Lunge wieder abgeatmet wird.

Das Molekül, welches für diesen Prozess verantwortlich ist, heißt Hämoglobin (im Labor kurz Hb). Es besteht aus vier verschiedenen Globinketten, welche aus Proteinen, also letztlich Aminosäuren, aufgebaut sind. In der Mitte befindet sich jeweils ein Häm-Anteil mit einem zentralen Eisenion, wobei dessen Ladung bzw. Wertigkeit letztendlich darüber entscheidet, ob Sauerstoff gebunden werden kann oder CO2 abgegeben wird. Hämoglobin verleiht dem Blut übrigens auch seine typische rote Farbe. Da es besonders wichtig ist, um sicherzustellen, dass der Körper ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, kommt ihm eine starke labordiagnostische Bedeutung zu.

Die weißen Blutkörperchen bzw. Leukozyten gliedern sich in verschiedene Zellen mit jeweils individuellen Aufgaben.

Die Granulozyten haben alle gemeinsam, dass sie aufgrund ihres speziellen Aussehens unterm Mikroskop zu ihrem Namen kamen, jedoch gehen sie unterschiedlichen Aufgaben nach. Die neutrophilen Granulozyten dienen der schnellen, unspezifischen Abwehr von Krankheitserregern, eosinophile Granulozyten wehren u.a. mittels toxischer Stoffe Parasiten ab, während die basophilen Granulozyten eine entscheidende Rolle bei Allergien spielen. Lymphozyten stellen Antikörper gegen Krankheitserreger her und Monozyten spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle bei der Abwehr von Krankheitserregern, da sie die Fremdkörper in sich aufnehmen und sozusagen verdauen.

Thrombozyten bzw. Blutplättchen dienen der Blutstillung und leiten somit die Wundheilung ein.

Über all diese Zellen und die Menge des Hämoglobins erhält man bereits Aussagen, wenn man ein sog. kleines Blutbild erstellt. Dies geschieht heutzutage in einem entsprechenden Gerät welches die Zellen vereinfacht gesagt einzeln einsaugt und dann nach Größe sortiert, denn jede der o.g. Zellarten hat eine individuelle, für sie spezifische Größe, womit man sie von anderen Zellarten abgrenzen kann, denn jede Zelle erzeugt je nach Größe einen unterschiedlichen Widerstand im System. Problematisch hierbei ist, dass diese Geräte in erster Linie für die menschliche Blutdiagnostik hergestellt werden, jedoch gibt es unter Säugetieren z.T. große Unterschiede in der Größe und Verteilung der Blutzellen. Bei Kaninchen ist das Blutanalysegerät z.B. oft nicht in der Lage, neutrophile von eosinophilen Granulozyten zu unterscheiden, wodurch eosinophile Granulozyten oft falsch zu hoch gemessen werden. Auch haben Kaninchen, verglichen mit Menschen, extrem viele Lymphozyten, was sich bei akuten Infektionen so auswirkt, dass diese sich verringern – zugunsten der neutrophilen Granulozyten, welche reaktiv ihre Anzahl vergrößern.

Alternativ gibt es auch die Möglichkeit, all diese Werte manuell zu messen. Dies wird jedoch aus Zeitgründen nur bei nicht plausiblen Ergebnissen durch das Gerät durchgeführt. Bei den hämatologischen Werten ist praktischerweise i.d.R. mit einem Pfeil gekennzeichnet, ob der Wert zu hoch oder zu niedrig ist und die Normalwerte sind in einer Tabelle neben den Werten des Kaninchens aufgelistet, um die Werte besser einordnen zu können.

Im Folgenden wird kurz darauf eingegangen, was eine Erniedrigung bzw. Erhöhung der einzelnen Werte bedeutet und wie sie zustande kommen.

Leukozyten liegen vermehrt bei akuten Infektionen, Vergiftungen oder Tumorwachstum vor, da diese Zellen der Abwehr dienen (s.o.) und somit damit beschäftigt sind, die Fremdkörper abzutöten. Über Hormone wird währenddessen die Neubildung weiterer Leukozyten veranlasst, um z.B. die Infektion schneller in den Griff zu bekommen. Erhöhte Leukozytenzahlen sind also ein Zeichen für eine neue Infektion, wohingegen erniedrigte Leukozytenzahlen eher für eine chronische Infektion (das Immunsystem hat sich an die Fremdkörper „gewöhnt“) oder durch Schockgeschehen oder bestimmte Medikamente zustande kommen.

Der Hämatokrit (= HK, prozentualer Anteil an roten Blutkörperchen im Gesamtblut) erhöht sich bei Austrocknung bzw. Flüssigkeitsmangel, da weniger Plasma vorhanden ist und demzufolge der prozentuale Anteil der Erythrozyten steigt. Der Hämoglobin-Gehalt (Hb) bzw. die Erythrozyten-Anzahl ist v.a. bei verschiedenen Anämien (Mangel an Hämoglobin) oder starken Blutverlusten durch Blutungen erniedrigt.

Thrombozyten sind bei vorangegangen Operationen erhöht, da sie für die Wundheilung benötigt werden. Erniedrigt sind sie entweder bei Bildungsstörungen oder spezifischen Erkrankungen.

Ein großes Blutbild bzw. Differentialblutbild enthält zudem detaillierte Informationen über die Leukozyzen und die Zellen wurden mittels Blutausstrich unterm Mikroskop genau untersucht.

So sind z.B. genaue Aussagen über das Alter der Zellen möglich, was wiederum für die Bestimmung des Zeitpunktes der Infektion wichtig ist. Ein großes Blutbild wird also v.a. bei Verdacht auf eine Infektion angefertigt.

Die biochemische Untersuchung des Blutes fordert der/die Tieräzt*in nur bei spezifischem Verdacht an. Dabei wird z.B. der Gehalt bestimmter Enzyme (GLDH, Gamma-GT, ALT, AST, AP, LDH) im Plasma gemessen, um Aussagen über Lebererkrankungen oder Anämien zu bekommen. Auch Elektrolyte wie Natrium oder Kalium können gemessen werden, da sie für die Diagnose von Nierenerkrankungen relevant sind. Natrium und Kalium werden von der Niere normalerweise wieder aufgenommen. Ist die Niere geschädigt, funktioniert dieser Vorgang nicht mehr richtig und es gehen zu viele Elektrolyte verloren, was sich in zu geringem Gehalt im Serum zeigt.

Glucose, also Zucker, wird v.a. zur Diagnose einer Diabetes-Erkrankung gemessen. Wichtig ist hierbei, dass Kaninchen bei der Bestimmung niemals nüchtern sein dürfen, denn ihr empfindliches Verdauungssystem ist auf eine stetige Nahrungszufuhr angewiesen. Vor allem unter Stress scheinen die Glucose-Werte bei Kaninchen oft zu hoch. Daher darf der/die Tierärzt*in niemals nach einmaliger Messung sofort eine Insulintherapie anordnen – der Blutzucker muss öfter gemessen werden, um eine wirklich sichere Diagnose zu bekommen.

Bilirubin ist ein Abbauprodukt von abgestorbenen Erythrozyten, welches normalerweise eine Kreislauf in der Leber durchläuft, bevor es dem Darm zugeführt und so ausgeschieden werden kann. Veränderte Bilirubin-Werte sind daher ein Zeichen für eine gestörte Leber oder Verengungen des Gallengangs, welche besonders oft durch Befall der Leber mit Kokzidien entstehen.

Die Parameter Harnstoff und Kreatinin werden gemessen, um Aussagen über die Filtrierfähigkeit, sprich Funktion der Niere zu bekommen. Ist das Kaninchen jedoch mit E.c. befallen, sind höchstwahrscheinlich auch die Nieren betroffen, wodurch hohe Werte gemessen werden, ohne dass das Kaninchen Symptome zeigt, da sich das Immunsystem an den chronischen Befall mit E.c. bereits angepasst hat.

Die serologische Untersuchung des Blutes meint allgemein die Untersuchung des Blutserums auf Antikörper, die als Reaktion auf Kontakt mit bestimmten körperfremden Stoffen (Antigenen) gebildet wurden.

Im humanmedizinischen Bereich wird hierunter u.a. die Bestimmung der Blutgruppenantigene (sprich z.B. das AB0- oder Rhesus-System) verstanden, jedoch findet die Blutgruppenbestimmung bei Kaninchen i.d.R. keine Anwendung, da Bluttransfusionen bei Kaninchen nicht durchgeführt werden, denn für die Erkrankungen, die unseren Hauskaninchen Probleme machen, ist eine Transfusion in keinster Weise nötig und würde keinerlei Besserung bringen. Abgesehen davon sind Blutgruppenbestimmungen sehr aufwändig und teuer.

Jedoch wird bei Kaninchen bei der E.c.-Diagnostik die Bestimmung des Antikörpertiters regelmäßig als Hilfe herangezogen. Wichtig ist jedoch, dass etwa die Hälfte aller Hauskaninchen positive Antikörpertiter zeigen, also ist dieser Titer niemals als alleiniges Kriterium zu sehen, um eine akute E.c.-Erkrankung zu bestätigen. Bei dieser Bestimmung wird Plasma in regelmäßigen Abständen verdünnt und es werden Antigene (in diesem Fall Krankheitserreger) hinzugefügt und es wird geprüft, bis zu welcher Verdünnung es eine Reaktion gibt. Je mehr Antikörper dabei im Blut vorhanden sind, desto stärker können diese verdünnt werden und das Serum wird dennoch reagieren.


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