Allgemeines
Im Verdauungstrakt des Kaninchens können im Allgemeinen mehrere Wurmarten parasitieren. Dazu zählen vor allem Saug-, Band-, oder Rundwürmer. Betroffen sind dabei, je nach Wurmart, der Magen oder der Dünn- bzw. Dickdarm des Kaninchens. Am häufigsten werden im Blinddarm lebende Oxyuren (Passalurus ambiguus) oder Graphidium strigosum im Magen gefunden. Insbesondere Wildkaninchen sind häufig von einem Wurmbefall, der sogenannten Helminthose, betroffen. Sowohl bei Wildkaninchen, als auch bei unseren domestizierten Hauskaninchen sind junge, sich im Wachstum befindende und anderweitig geschwächte Kaninchen mit einer instabilen Darmflora (Futterumstellung, Medikamente, Stress…) besonders gefährdet.
Ursachen
Die Würmer gelangen durch die Aufnahme über das (verschmutzte) Futter, die Einstreu oder den Kot in das Kaninchen und siedeln sich dort im Verdauungstrakt an, wo sie sich nun auf Kosten des Wirts, also des Kaninchens, ernähren und fortpflanzen. Die Larven sind bereits 24h nach dem Schlupf infektiös. Innerhalb der Kaninchengruppe sind durch die schnelle Übertragung meist alle Tiere betroffen. Oxyuren sind jedoch erst 50-70 Tage nach der Ansteckung im Kot nachweisbar.
Symptome
Die Symptomatik eines Wurmbefalls richtet sich nach Art und Anzahl der Würmer und dem gesundheitlichen Allgemeinzustand des betroffenen Kaninchens. Mögliche Symptome sind unter Umständen Abmagerung, Durchfall, Verstopfung, Aufgasung, Fressunlust, Lähmungen, Krämpfe, Blutarmut, Atembeschwerden, beulenartige Auftreibungen und Juckreiz in der Analgegend. All diese Symptome können auftreten, müssen aber nicht. In der Regel verläuft eine Helminthose ohne sichtbare Beschwerden der Kaninchen, sodass Wurmbefälle oft zufällig bei der Untersuchung einer Kotprobe festgestellt werden.
Verlauf
Wie die Symptome variiert auch der Krankheitsverlauf je nach Grad des Befalls und der Art der Würmer stark und reicht von einem symptomlosen Befall bis hin zu klinischen Erkrankungen mit Symptomen (s.o.), welche bei sehr jungen oder geschwächten Tieren bei ausbleibender Behandlung in einigen Fällen sogar zum Tod führen können.
Behandlung
Die Diagnose eines Wurmbefalls erfolgt in der Regel durch den Befund in einer Kotprobe, welche über 3-5 Tage im Gehege gesammelt und anschließend beim Tierarzt abgegeben wird. Allerdings kann eine Kotprobe auch falsch negativ sein, da nicht täglich Wurmeier ausgeschieden werden. Oft ist ein Tesafilmabklatsch vom After aussagekräftiger, da die Wurmeier dort oft kleben bleiben. Sollten die Würmer jedoch sehr spät aufgefunden, d.h. bereits im Kot direkt sichtbar sein, muss schnell reagiert werden, da der Befall schon sehr weit fortgeschritten ist. Wurmbefälle werden üblicherweise mit Fenbendazol (Panacur®) oder je nach Wurmart mit ähnlichen Präparaten (Mebendazol, Febantel, Ivermectin, Advocate®) behandelt, wobei der Tierarzt einen Rhythmus zur Verabreichung anordnen wird. Üblich ist hierbei z. B. die tägliche Verabreichung von Fenbendazol über 5 Tage und die Wiederholung dieses Vorgangs nach 14 Tagen Pause. Oft ist jedoch, je nach Grad des Befalls, eine einmalige 5-Tage-Behandlung ausreichend. Bei starkem Befall sollte in der ersten Behandlungsphase immer 1 Tag Pause zwischen den Medikamentengaben sein, um einer Verstopfung durch tote Würmer entgegen zu wirken. Unterstützend können auch effektive Mikroorganismen gegeben werden. Bei Symptomen, welche durch den Wurmbefall ausgelöst werden, wie z. B. Durchfall, gilt es, diese ergänzend zur Wurmkur symptomatisch zu behandeln. Keinesfalls sollte eine Heudiät begonnen werden! Durch Durchfall hat das Kaninchen bereits viel Flüssigkeit verloren, diese muss es nun durch ein ausreichendes Angebot an Frischfutter wieder ersetzen.
Auch die Hygiene spielt in der Therapie eine große Rolle, da Wurmeier sehr resistent sind und nur durch kresolhaltige Desinfektionsmittel wie Capha Desclean, Neopredisan oder Interkokask abgetötet werden können. Alternativ wirkt auch 10%ige Ammoniaklösung oder Hitze von über 70°C über 30min pro Stelle (Dampfreiniger/Abflammen). Teppiche und andere Textilien sind bei mindestens 90 Grad zu waschen, Holzgegenstände bei 100 Grad im Ofen „backen“ und Trink- und Futternäpfe bei über 80 Grad auskochen. In einem Außengehege mit Erde sollte min. 5 cm vom Boden abgetragen und ausgewechselt, sowie zusätzlich mit kochendem Wasser überbrüht werden. Ausschließlich kochendes Wasser ist leider nicht ausreichend, da es auf dem Boden viel zu schnell auskühlt und die nötige Hitze nicht lange genug aufrechterhalten werden kann.
Dieses aufwendige Hygieneprogramm ist am 3. Behandlungstag sowie am Tag der letzten Behandlung am sinnvollsten. Bei einer einmaligen 5-Tage-Behandlung reicht die einmalige Reinigung an Behandlungstag 3.
Während des Befalls sollte die Nahrung entsprechend angepasst werden. Empfehlenswert ist leichte Kost wie Heu, Kräuter, Salate und Kohl. Wurmfarn, Rainfarn, Bärlauch, Hornklee, Walnussblätter, Kresse, Kürbiskerne, Meerrettich und Lauch wirken unterstützend und natürlich entwurmend. Kloecken und Schlafplätze sollten täglich gereinigt werden und das Futter erhöht angeboten werden, damit es nicht mit infiziertem Kot in Kontakt kommt.
Eine erneute Kontrollkotprobe auf Therapieerfolg macht bei den meisten Würmern erst nach ca. 9 Wochen Sinn. So lange dauert es etwa, bis die neuen Würmer fortpflanzungsfähig wären und wieder Eier im Kot gefunden werden könnten.
Vorbeugemaßnahmen
Oft werden Wurmkuren als vorbeugende Maßnahme empfohlen. Dies ist jedoch nicht sinnvoll, da Wurmkuren keine prophylaktische Eigenschaft besitzen. Das heißt, hat ein Kaninchen keine Würmer und bekommt trotzdem „vorbeugend“ Panacur®, so ist ein Wurmbefall bereits nach der Verabreichung theoretisch wieder möglich. Außerdem besteht die Gefahr, dass der Körper des Kaninchens Resistenzen gegen Entwurmungsmittel bildet, wenn diese zu oft verabreicht werden, was dann im tatsächlichen Krankheitsfall zu Problemen führen würde. Aus diesen Gründen ist die prophylaktische Verabreichung von Wurmkuren ohne gesicherten Befund in einigen EU-Ländern sogar verboten.
Um einem Wurmbefall vorzubeugen ist es hingegen sinnvoll, bestimmte Faktoren zu vermeiden, welche eine Helminthose begünstigen. Dazu zählen der Kontakt zu Wildkaninchen, die Verfütterung von infiziertem Grünfutter, eine ungesunde oder einseitige Ernährung, eine beschädigte Darmflora durch z. B. Medikamente, mangelnde Hygiene in der Kaninchenhaltung, Stress und bereits vorhandene Krankheiten, welche das Tier schwächen. Neue Tiere sollten zunächst räumlich getrennt gehalten werden und durch eine Sammelkotprobe über 3-5 Tage negativ auf Parasiten getestet worden sein, bevor sie zu den anderen Kaninchen kommen. Regelmäßiges Wiegen lässt den Halter oft Gewichtsabnahmen vor weiteren Symptomen erkennen, sodass schnell gehandelt werden kann.
Außerdem sind die oben genannten Futtermittel in der Lage, einem Wurmbefall vorzubeugen und bereits vorhandene Befälle zu minimieren. Ebenso macht es Sinn 1-2x im Jahr zusammen mit dem Check-up der Kaninchen eine Kontrollkotprobe beim Tierarzt abzugeben bzw. vor der Impfung.
Wichtig
Aus der Untersuchung einer Kotprobe resultiert oft ein geringer oder sogar starker Befund an Würmern, die Kaninchen zeigen jedoch trotzdem keinerlei Symptome. Dies liegt daran, dass die Ansiedlung von Parasiten in einem gesunden Verdauungssystem von Kaninchen in geringer Anzahl normal ist. Auf diese Weise wird das Immunsystem der Kaninchen trainiert und sie passen sich dem Befall an, wodurch der unauffällige Verlauf entsteht. Zeigen Kaninchen bei einem Wurmbefall Symptome, ist dies also ein Zeichen für ein recht schwaches Immunsystem, denn im Normalfall hält sich der Befall in gewissen Grenzen und die betroffenen Kaninchen haben keine gesundheitlichen Beschwerden. Eine Behandlung sollte also vor allem bei einem auffallend starken Befall, auftretenden Symptomen und Tieren mit geschwächtem Immunsystem erfolgen. In allen anderen Fällen ist eine Behandlung zunächst zu hinterfragen, denn Parasiten können sogar trotz entsprechender Medikamente und gründlichster Desinfektion in geringem Maße weiter bestehen bleiben. Wichtig ist also vor allem eine hygienische Haltung und die Förderung des Immunsystems der Kaninchen durch die Vermeidung von Stress, falscher Ernährung, usw. um den Parasitenbestand auf Dauer so gering wie möglich zu halten.
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